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Was erwarten Mandanten von Anwälten?

Optimale Kanzleiorganisation und Qualität der Rechtsberatung als Basis der Mandantenzufreidenheit

von Rechtsanwalt Dr. Thomas A. Degen, Geschäftsführer der RAK Stuttgart

 
Im Zeitalter der elektronischen Mandatsbearbeitung und der Telearbeitsplätze gewinnt das Kanzleimanagement immer größere Bedeutung. Der besondere Stellenwert der Organisation der Kanzleiarbeitsplätze und -abläufe zeigt sich in bei der täglichen Mandantsbearbeitung von A bis Z in vielfältiger Weise. Das in der Praxis zu verzeichnende Bedürfnis nach flexibler Arbeitszeitgestaltung – insbesondere von Selbständigen mit Kindern und anspruchvollen Mandanten – erfordert gegenüber der herkömmlichen Büroarbeit optimale Organisationsstrukturen und ein zentrales Wissensmanagement.

Bei der Organisation interner Arbeitsabläufe und der Mandatsbearbeitung in organisatorischer Hinsicht bestehen in der Praxis nach wie vor große Defizite. Kanzleimanagement wird oftmals bei Kanzleien aller Couleur und Größe als lästig angesehen, weil häufig zu Unrecht davon ausgegangen wird, dass ein Fall ohne systematische Mandatsbearbeitung gelöst werden könne, sofern man die erforderlichen materiell- und verfahrensrechtlichen Kenntnisse habe. Dabei wird verkannt, dass regelmäßig Haftungsfälle und Verfahrensfehler im Hinblick auf Fristversäumnisse sowie berufsrechtliche Verfahren im Zusammenhang mit der Fallbearbeitung und Fremdgeldabwicklung auf ein Organisationsverschulden der Anwaltskanzlei zurückzuführen sind.

Es ist für die Anwaltschaft wenig schmeichelhaft, wenn sich z. B. der BGH immer wieder mit Fragen des anwaltlichen Organisationsverschuldens befassen muss. Erfolgreiche Anwaltskanzleien legen daher grundsätzlich Wert auf ein optimales Kanzleimanagement.

Bedeutung des Kanzleimanagements

Definition und Optimierung des Kanzleimanagements haben ihren Ausgangspunkt bei der Mandantenorientierung. Dabei ist für den Mandanten die Qualität der anwaltlichen Dienstleistung entscheidend. Qualität anwaltlicher Dienstleistung wird entsprechend der Qualitätsdefinition in DIN 9004 verstanden als „Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen einer Dienstleistung, die sich auf deren Eignung zur Erfüllung festgelegter und vorausgesetzter Erfordernisse beziehen.“ Höchste Qualität bei der Beratung und Vertretung des Mandanten in allen Rechtsangelegenheiten ist jedoch nur gewährleistet, wenn die Anwaltskanzlei möglichst optimal organisiert ist. Dies hat die Anwaltschaft erkannt. In der Fachliteratur beschäftigt man sich daher schon seit 1996 mit Qualitätsmanagement und Zertifizierung.[1] Das Kanzleimanagement umfasst folgende Grundsätze:

·     Organisationsgrundsätze für die Anwaltskanzlei

·     Personalmanagement (Personalpolitik und –entwicklung)

o        Regelung der Arbeitszeiten und der Verfügbarkeit

o        Kompetenz- und Vertretungsregelungen

o        Mitarbeiterschulungen und –weiterbildung

o        Arbeitsrichtlinien für Rechtsanwälte, Sekretariatskräfte (geprüfte Rechtsfachwirte und Rechtsanwaltsfachangestellte), Rechtsreferendare und sonstige Mitarbeiter (Techniker, Boten, Sicherheitskräfte, Putzhilfskräfte etc.)

o        Arbeitsrichtlinien für die Mandatsannahme und –abwicklung

o        Arbeitsrichtlinien für die Ablauforganisationen und Aktenführung

o        Arbeitsrichtlinien für die Kommunikation (extern/intern)

·     Organisationsgrundsätze für die Verschwiegenheit, den Datenschutz und die Datensicherung

·     Organisationsgrundsätze für die Kanzleibuchhaltung

·     Organisationsgrundsätze für das Kanzleimarketing

 Erwartung der Mandanten und Erreichung der Mandantenzufriedenheit

Ein gutes Kanzleimanagement ist die Voraussetzung dafür, dass in der Anwaltskanzlei die Mandantenzufriedenheit gesteigert werden kann. Mandanten, sowohl Privatpersonen als auch Unternehmern, die eine entgeltliche Rechtsberatung und -vertretung in Anspruch nehmen, bewerten in erster Linie die Qualität der anwaltlichen Dienstleistung, aber auch die persönliche Betreuung und das „Drumherum“. Die Entscheidung, ob ein Folgemandat erteilt oder ob eine mittel- oder langfristige Vertragsbindung über Beratungsverträge eingegangen wird, wird in vielen Fällen davon abhängig gemacht, ob der Mandant das Gefühl hat, als „VIP“-Kunde behandelt zu werden. Wenn der Mandant sich beim Anwalt gut aufgehoben fühlt, wird er Folgemandate erteilen und sich gegebenenfalls langfristig an die Kanzlei binden. Mandanten orientieren sich regelmäßig bewusst oder unbewusst an folgenden Indikatoren:[2]

 

  • Qualität der Betreuung bei der Mandatsannahme
  • Qualität der außergerichtlichen Beratungsleistung
  • Qualität der außergerichtlichen Vertretungsleistung
  • Qualität der gerichtlichen Vertretungsleistung
  • Qualität der Betreuung bei der Mandatsbeendigung
  • Zuverlässigkeit
  • Kommunikationsmöglichkeiten
  • Erreichbarkeit
  • Flexibilität
  • Seriosität
  • Schnelligkeit
  • Freundlichkeit
  • Gesamterscheinungsbild der Kanzlei

Anwaltskanzleien können bei diesen Indikatoren nur zur Zufriedenheit der Mandantschaft punkten, wenn sie ein funktionierendes Kanzleimanagement haben und Mandate nach festgelegten Richtlinien abwickeln. Vorgänge, die vom objektiven Empfängerhorizont aus betrachtet als umstrukturiert, willkürlich und irrational erscheinen, werden regelmäßig als Schwäche beim Kanzleimanagement ausgelegt.

Literatur- und Seminarhinweise

Sowohl innerhalb der Fachliteratur, als auch im Seminarbereich werden diverse Veröffentlichungen und Seminarangebote zum Thema Kanzleimanagement angeboten. Dies ist auch erfreulich, da das moderne Kanzleimanagement als dynamischer Unternehmensprozess aufzufassen ist, der eine ständige Befassung, ein Controlling und eine Fortbildung erfordert. Häufig lassen Veranstaltungen und Veröffentlichungen aber Hilfestellungen für eine praxisgerechte Büroorganisation vermissen. Das Fortbildungsinstitut der Rechtsanwaltskammer Stuttgart achtet daher umso mehr darauf, in den aktuellen Fortbildungsveranstaltungen zum Kanzleimanagement (z.B. im Rahmen des jährlich stattfindenden Anwaltskompaktkurses zur Erlangung des BRAK-Fortbildungszertifikats „Kanzleistrategien“ oder beim Fachstudiengang für Geprüfte Rechtsfachwirte)[3] die Vorteile einer modernen (elektronischen) Ablauforganisation anhand konkreter Praxisbeispiele zu erläutern. Dahinter steht die Überzeugung, dass eine gute Organisation bei der täglichen Mandatsbearbeitung Zeit und Geld spart und die Chance bietet, durch strukturiertes und systematisches Arbeiten zusätzliche Fälle anzunehmen und zur Zufriedenheit der Mandantschaft zu lösen.

Weiter führende Hinweise zum Kanzleimanagement und Beispiele für ein elektronisches Wissensmanagement können in der aktuellen Veröffentlichung Anwaltsstrategien für das Kanzleimanagement – Professionelle Büroorganisation und Mandatsführung (von Dr. Thomas A. Degen, Rechtsanwalt, Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Stuttgart, und Frank E. R. Diem, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Präsident der Rechtsanwaltskammer Stuttgart, 146 Seiten, â‚¬ 19,80, ISBN 978-3-415-03797-7, erschienen 2007 im Richard Boorberg Verlag) sowie auf dem Internetportal www.anwaltsstrategien.de nachgelesen werden. Auf diesem Internetportal wird zusammen mit dem Richard Boorberg Verlag auch eine kostenlose Gesetzesdatenbank „Deutsche Gesetze Online Datenbank“ angeboten, die das Auffinden von Bundes- und Landesgesetzen in der Praxis erleichtert.

 

 


[1] Vgl. Diem in Axmann, Starthandbuch für Rechtsanwälte, 2002, S. 389 ff. unter Verweis auf ISO 9000, Qualitätsmanagement, Total Quality Management (TQM) u. a.

[2] Vgl. Degen/Diem, Anwaltsstrategien für das Kanzleimanagement, 2007, S. 21

 

 
 
 
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